Innerhalb der in Demmin durchgeführten Spektralanalyse wird der Zustand von Einzelbäumen bestimmt. So soll die spektrale Erkennbarkeit von physiologischen und biochemischen Veränderungen untersucht werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Detektierbarkeit blattinterner Parameter direkt am Blatt am höchsten ist und mit zunehmender Entfernung aufgrund der Zunahme verschiedener Störgrößen (z.B. Mischung mit Schatten und Ästen, Bewegung des Baumes, atmosphärische Einflüsse) abnimmt. Daher werden in einem ersten Schritt während der Vegetationsperiode 1x monatlich, möglichst zeitnah zu den Biomarkerprobenahmen für die Labormessungen, auch Punktspektralmessungen auf Blattebene und im Nahbereich durchgeführt. Nur so kann später analysiert werden, ob ein Zusammenhang zwischen der Absorption in einem bestimmten Wellenlängenbereich und einem biochemischen oder physiologischen Parameter besteht, der wiederum Rückschlüsse auf die Vitalität zulässt. In einem zweiten Schritt wird die Übertragbarkeit der spektralen Messungen am Blatt auf spektrale Messungen aus größerer Entfernung (Drohne, Flugzeug, Satellit) untersucht. Damit sollen die Fragen beantwortet werden, ob die ggf. an Einzelbäumen bestehenden Zusammenhänge auch für die Diagnose des Vitalitätszustandes von Waldbeständen (unterschiedlicher Waldökosysteme) geeignet sind und mit welchen Fernerkundungssensoren (d.h. mit welcher notwendigen räumlichen Auflösung) Waldbestände hinreichend genau diagnostiziert werden können. Dazu werden neben spektralen Messungen im Nahbereich multi- und hyperspektrale Drohnenaufnahmen in 80 m bis 120 m Höhe sowie Flugzeugaufnahmen in 400 m, 800 m und 1200 m Höhe durchgeführt. Zusätzlich werden multispektrale Satellitendaten der Copernicus Mission Sentinel-2 sowie hyperspektrale Satellitendaten der Missionen EnMAP und PRISMA auf Zusammenhänge untersucht. Dadurch können die Interaktionen zwischen biophysikalischen Prozessen, deren Auswirkungen auf die Pigmentierung (gemessen durch die Biomarker) und davon wiederum die spektralen Responses, verstanden werden.
Spektralmessungen auf Blattebene und im Nahbereich: ASD Leafclip und FieldSpec
Zur Messung der Reflexion und Transmission auf Blattebene werden Spektralmessungen mit dem ASD Plant Probe mit Leafclip direkt am Blatt durchgeführt. Diese Messungen mit interner Lichtquelle sind am unabhängigsten von Störeinflüssen aus der Umgebung. Die Messungen werden während der Vegetationsperiode 1x monatlich möglichst zeitnah zu den Biomarkerprobenahmen an den 41 Intensivprobebäumen durchgeführt. Beprobt werden – analog zu den Biomarkerprobenahmen – die Spitze des Baumes sowie zusätzlich Messpunkte im Norden, Osten, Süden und Westen der Baumkronen. Zusätzlich zu den Kontaktmessungen werden spektrale Nahbereichsmessungen mit dem ASD Fieldspec durchgeführt. Hierfür werden die Baumspitzen der 41 Intensivprobebäume in einem Abstand von 30 cm gemessen.
Multi- und hyperspektrale Drohnenaufnahmen
Die multispektralen Drohnenbefliegungen werden mit der DJI Matrice 300 RTK und dem Sensor MicaSense Altum durchgeführt, welcher fünf Bänder im sichtbaren und nahem Infrarotbereich aufnimmt (VNIR: blau: 475 nm, grün: 560 nm, rot: 668 nm, RE: 717 nm, NIR: 842 nm) sowie zusätzlich ein Thermalband im langwelligen Infrarot (11 μm). Die hyperspektralen Aufnahmen erfolgen mit dem Headwall Nano Hyperspektralsensor (270 Bänder von 400 nm bis 1000 nm). Die Drohnenbefliegungen werden während der Vegetationsperiode 1x pro Monat zeitgleich mit den Biomarkerprobenahmen und den spektralen Nahbereichsmessungen durchgeführt. Zusätzlich finden Aufnahmen im unbelaubten Zustand statt. Die Befliegungen werden in einer Höhe von 80 m, 100 m und 120 m above ground level (a.g.l) durchgeführt mit einer Bildüberlappung von > 80% vorwärts und > 80% seitwärts. Die räumliche Auflösung beträgt je nach Flughöhe 2 bis 4 cm pro Pixel. Der große Überlappungsraum ermöglicht trotz des geringen Abstandes zwischen Sensor und Baumkrone eine ausreichende Abdeckung benachbarter Aufnahmen für eine qualitativ hochwertige Mosaikierung und 3D-Rekonstruktion.
Satellitendaten
Die Baumvitalität wird innerhalb des Projekts - ergänzend zu den kleinskaligen Messungen - flächendeckend mit Satellitendaten durchgeführt. Dazu werden u.a. kostenfrei verfügbare Sentinel-2 Daten des europäischen Copernicus-Programms benutzt. Die Daten haben eine räumliche Auflösung von 10 x 10 Metern und stellen somit die gröbste Betrachtungsskala im Projekt dar. Ein Vorteil der Sentinel-2 Systeme liegt dagegen in der hohen zeitlichen Auflösung von theoretisch einer möglichen Aufnahme alle 5 Tage, abhängig von Wolkenbedeckung über dem Untersuchungsgebiet. Zudem liefern die Satelliten Daten in 12 verschiedenen Spektralkanälen, die die Analyse von pflanzenphysiologischen Parametern ermöglicht. Zudem können Bandkombinationen (z.B. Indizes) Rückschlüsse auf die Vitalität eines Baumbestandes zulassen. Derzeit wird innerhalb des Projektes der Disease Water Stress Index (DWSI,
Galvao et al. 2005) verwendet, um Anomalien in der Bestandesvitalität zu erkennen. Da Satellitendaten im besten Fall nur alle 5 Tage vorliegen, kommen Glättungs- bzw. Interpolationsalgorithmen zur Anwendung:
Kalman-Filter
Der iterative Kalmanfilter versucht anhand bekannter Werte, einen neuen Wert vorherzusagen. Kommt ein neuer Messwert hinzu (in diesem Fall eine neuer DSWI-Wert aus einer Satellitenaufnahme) wird die Filter-Kurve möglichst in Richtung des "geschätzten"' Wertes verschoben. So werden nur tatsächliche (mehrfach auftretende) Änderungen dargestellt, Ausreißer haben weniger Einfluss auf den Verlauf der Kurve.
Cusum
Negative Abweichungen der Vorhersagewerte werden hier aufsummiert. Die Kummulierte Summe ist ein Hinweis auf tatsächliche Änderungen, die durch mehrfache Werte "bestätigt" werden.